Die tägliche Arbeit der Wiener Polizisten ist mitnichten immer einfach. Häufig muss im beruflichen Alltag Erlebtes verarbeitet werden. Diesen Prozess zu unterstützen, aber auch freudige Anlässe gebührend zu würdigen, ist eine der Hauptaufgaben der Wiener Polizeiseelsorge. Dem katholischen Diakon Roman Dietler und dem evangelischen Landeskurat Stefan Kunrath liegen die Menschen hinter den Uniformen sichtbar am Herzen.Die berufsspezifische Begleitung der Wiener Polizisten ist zwar nicht die einzige, aber die zeitintensivste Aufgabe der beiden Geistlichen, die sie zusammen mit fünf weiteren Seelsorgern ausüben. So meint etwa Roman Dietler: „Ich staune, wie sehr die Polizisten zusammenhalten, wenn es einem von ihnen schlecht geht.“ Aber: „Wenn einem der Zahn weh tut, bespricht man das auch nicht mit Freunden, sondern geht zum Zahnarzt.“ Für Akkut-Fälle, etwa nach traumatischen Einsätzen oder Todesfällen, gibt es zwar den Peer-Support, der auch exzellente Arbeit leistet. Die Pflicht eines Polizeiseelsorgers ist es aber, so Roman Dietler, Polizeibeamte über einen längeren Zeitraum und nicht nur nach dramatischen Situationen zu begleiten. Eine Schwierigkeit ergibt sich für Stefan Kunrath vor allem dadurch, dass Betroffene unmittelbar nach einer dramatischen Situation selten zu erreichen sind, da sie beispielsweise im Krankenhaus liegen. Wichtig ist aus diesem Grund, für die Menschen vor Ort da zu sein ohne sich aufzudrängen. Man muss, so Stefan Kunrath, die „Leidens- und Lebensfähigkeit eines Menschen wiederherstellen“ und sich für den Menschen Zeit nehmen.Darüber hinaus ist die karitative Unterstützung unverschuldet in Not geratener Polizeibeamte ein wichtiger Bestandteil der Seelsorge. Eine Möglichkeit dazu ergibt sich bei großen Feiern, wie etwa der „Nacht der Filmmusik“, dem jährlichen Punschstand oder dem im Jänner stattfindenden Wiener Polizeiball. Feste sind außerdem für Roman Dietler eine gute Gelegenheit, auch die freudigen Seiten der Wiener Polizeiarbeit gebührend zu würdigen.Die zweite große Aufgabe der Seelsorge, neben der Betreuung der Beamten, ist die Anwesenheit bei allen offiziellen Anlässen der Wiener Polizei, wie etwa Angelobungen oder dem 133er-Award und die Abhaltung von eigenen Messen. Gerade in der Zeit rund um Allerseelen und Weihnachten geschieht hier von Seiten der katholischen Seelsorge sehr viel, beispielsweise mit der jährlichen Gedächtnismesse, der Kranzniederlegung am Heldenplatz im Gedenken an die im Dienst getöteten Polizisten und den Weihnachtsandachten. Das Totengedenken nimmt einen wichtigen Platz bei der Wiener Polizei ein, weswegen sich auch die jährliche Polizei-Wallfahrt in der zweiten Septemberwoche, bei der nächstes Jahr die Landespolizeidirektion Wien der Gastgeber sein wird, immer reger Beteiligung erfreut. Für die evangelische Seelsorge war dagegen der 500. Reformationstag ein guter Anlass, die polizeiliche Seelsorge mit einem eigenen Stand auf dem Großen Reformationsfest am Wiener Rathausplatz Ende September vorzustellen.Organisatorisch unterstehen die Seelsorger weder der Landespolizeidirektion noch dem Bundesministerium für Inneres, sondern der Erzdiözese Wien, bzw. dem evangelischen Oberkirchenrat für Bildung. Sowohl Roman Dietler als auch Stefan Kunrath nehmen aus diesem Grund zusätzliche kirchliche Aufgaben außerhalb der Polizei wahr. So ist etwa Roman Dietler in der Bereitschaft des Pfarrdienstes sowie des Friedhofsdienstes der Erzdiözese Wien. Stefan Kunrath ist neben seinem polizeilichen Dienst Lektor in der Pfarrgemeinde Floridsdorf und Schatzmeister im Presbyterium, dem Verwaltungsgremium der Gemeinde.Der persönliche Grund, ihre Berufung auszuüben liegt für beide Seelsorger in ihrer langen Beziehung zu Blaulichtorganisationen. Roman Dietler war zuerst bis 2004 Polizist in Floridsdorf. Anschließend absolvierte er ein Jus-Studium und trat über Umwege in den kirchlichen Dienst ein. Schließlich überzeugten ihn frühere Kollegen bei mehreren Treffen, in den Dienst der Polizeiseelsorge einzutreten. Diesem Wunsch seiner ehemaligen Kollegen kam er 2012 nach. Vor Kurzem wurde Roman Dietler außerdem zum Bundeskoordinator aller katholischen Polizeiseelsorger ernannt. Für Stefan Kunrath kam das Interesse daran, Menschen zu helfen mit dem Rettungsdienst. Er wurde mit 18 Jahren Sanitäter bei den Johannitern, kam aber zu der Überzeugung, dass Helfen mehr sein müsse „als Pflaster zu kleben.“ Aus diesem Grund trat er ursprünglich der Militärseelsorge bei und betreute die Mitglieder einer Rettungs- und Bergeeinheit im Ausland. Nach einer Ansprache durch den Bundeskoordinator der evangelischen Polizeiseelsorger wechselte Stefan Kunrath aber in die Polizeiseelsorge und erhielt im Juni 2010 seine Ernennungsurkunde.
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