Wien 1922: Die Tochter eines ehemaligen Bezirkshauptmannes wurde zweimal wegen versuchten Giftmords verdächtigt. Verzweiflungstaten, da sie ihre Romanzen zu ihren verheirateten Geliebten nicht ausleben konnte.Die 22-jährige Frau galt als Studentin der Lehrerbildungsanstalt als wissbegierig und engagiert. Der Landesschulinspektor wurde auf die junge Lehrerin aufmerksam und nahm sie unter seine Fittiche. Mit der Zeit beruhte die Beziehung nicht mehr auf beruflicher Natur, sondern endete in einer Liebschaft zwischen der jungen Frau und dem viel älteren Schulinspektor. Unglücklicherweise war der Mann verheiratet und hatte Kinder, die mit der Liebesaffäre gar nicht einverstanden waren. Eines Tages im Jahr 1918 wurden alle Familienmitglieder unter mysteriösen Umständen krank und suchten einen Arzt auf. Alle Personen wurden mit Arsenik vergiftet. Da die junge Lehrerin, die einzige Person war, die als Außenstehende in dem Haus ein und aus ging, fiel der Verdacht auf sie. Doch die Frau war sehr redegewandt und gewann den Prozess wegen versuchten Giftmordes. Allerdings wurde sie wegen Verleumdung zu zwei Jahren Kerker verurteilt, da sie die Tat dem Ziehsohn der Familie umhängen wollte.Fünf Jahre später begann die junge Frau als kaufmännische Angestellte in einem Verlag zu arbeiten. Die Sekretärin verliebte sich Hals über Kopf in ihrem Vorgesetzten, der vom Alter her ihr Vater hätte sein können. Ihr Geliebter war jedoch verheiratet und hatte Kinder. Auch dieses Mal stand die Familie ihr im Wege. Die junge Frau mischte Bleiweiß in Staubzucker, Mehl und Brösel. Um den Verdacht von ihr abzuwenden, verabreichte sie ihrem Geliebten eine niedrige Giftdosis und eine höhere dessen Frau und Kindern. In letzter Minute konnte ein Arzt das Leben der Erkrankten retten. Wie schon im vorigen Fall im Jahr 1918, fiel auch dieses Mal der Verdacht auf die Geliebte. Im Jahr 1922 stand sie nun zum zweiten Mal vor Gericht und wurde zu 3,5 Jahren schweren Kerker verurteilt. Im Jahr 1925 beendete der damalige Bundespräsident die Haft der jungen Frau vorzeitig. Unter geändertem Namen arbeitete sie als Journalistin und gewann eine bedeutende Rolle in der Medienwelt. Sie verstarb im Jahr 1973 in Wien.Quelle: Edelbacher, Maximilian; Seyrl, Harald (2004): Tatort Wien, Band 1: Die Zeit von 1900 – 1924 Edition Seyrl, Wien – Scharnstein
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