Wir sind nicht im Krieg!

„Wem zum Vorteil?“ – „Cui bono?“ – fragte bereits vor 2100 Jahren der römische Staatsmann Cicero seine Zuhörer, die er zum Nachdenken über ein an sich eindeutig scheinendes Urteil bringen wollte.Wem nutzt es, wenn entgegen allem Wissen und entgegen empirischer Datenlage das Sicherheitsgefühl der Menschen erodiert und der Glaube, dass die menschliche Gesellschaft auf eine gute Zukunft zusteuert, abnimmt? Wem nutzt es, wenn zunehmend Angst das Denken der Menschen zu lähmen beginnt und der Wut am Weg zur Wahlurne das Wort geredet wird und nicht der Vernunft? Wem nutzt es, wenn in zivilisierten Gesellschaften leichtfertig das Wort Krieg in die Alltagsrhetorik aufgenommen wird und die Ausweitung der Macht der Mächtigen als „alternativlos“ für das Fortkommen oder gar für das Überleben des Einzelnen gefordert wird?Noch nie in der Geschichte verfügten weltweit Militär, Geheimdienste und Sicherheitsindustrie über mehr Geld als heute und dennoch war die dumpfe Angst vor Bedrohung in der Bevölkerung nie größer. Noch nie in der Geschichte verfügten die Menschen über mehr Information als heute und dennoch war die Emotion als Rechtfertigung des Handelns nie populärer.Zivilisiertheit und Kultiviertheit einer Gesellschaft zeigen sich in der Ausgewogenheit der vielfältigen Interessen ihrer Mitglieder und in der Begrenztheit der Mittel ihrer Durchsetzung – Gegenseitiger Respekt und Gewaltfreiheit sind ihre unverwechselbaren Markenzeichen. Als Polizei sichern wir gemeinsam mit den anderen Institutionen unseres Rechtsstaates diesen Zustand und sind befugt, selbst Zwangsgewalt dazu einzusetzen – immer respektvoll, maßhaltend und verhältnismäßig. Dazu haben wir unser polizeiliches Handeln jederzeit vor Gerichten zu rechtfertigen. Das sind Vorzüge, auf die die Bürgerinnen und Bürger im Kriegsfall weltweit verzichten müssen.Der Erfolg kann sich sehen lassen! Nachweislich niedrige Kriminalitätsbelastung in ganz Österreich, Wien als Metropole in internationalen Rankings für Lebensqualität und Sicherheit stets im Spitzenfeld und Land und Leute gesund, gut ausgebildet und selbstbewusst.Dieser gemeinsame Erfolg wird uns aber abgesprochen und zersetzt. Durch jene, die politisch motivierte schwere Verbrechen zum „Krieg“ aufwerten, um selber (von allen zivilisatorischen Schranken befreit) „Krieg“ inszenieren zu können. Durch jene, die den globalen Werte-, Waren-, Daten- und Menschenaustausch als Ende und nicht als Anfang einer großartigen Geschichte predigen, um an der Angst davor mächtig zu verdienen – in Geld oder politischem Zuspruch.Wir sollten in Gestaltung und nicht in Verhinderung investieren, in Ausgleich und nicht Übermacht, in polizeiliches Agieren und nicht militärisches Eliminieren.Als umfassend ausgebildete Polizei haben wir Zivilisiertheit weiter zu entwickeln, Rechtsstaatlichkeit zu sichern und nicht den Krieg herbeizureden, haben wir mit Nachdruck Sicherheit für alle zu garantieren und nicht den Kampf zu suchen, haben wir auf die Entwicklungsfähigkeit der Zivilgesellschaft zu vertrauen und uns nicht ausschließlich für die Eskalation zu rüsten.Dafür arbeiten wir, dazu stehen wir und dabei bleiben wir.Andreas Pilsl, BA MA

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