Litauische Tätergruppe ausgeforscht

Klärung von zwei vollendeten und zwei versuchten bewaffneten Raubüberfällen sowie eine Geiselnahme durch 9-köpfige litauische Tätergruppe – 8 Täter festgenommen, 1 Beschuldigter flüchtigDas Landeskriminalamt für Niederösterreich, Ermittlungsbereich Raub, ermittelt seit Jänner 2019 gegen eine mehrköpfige Tätergruppe/kriminelle Vereinigung, welche im Bundesland Niederösterreich in unregelmäßigen Abständen bewaffnete Raubüberfälle auf Supermärkte verübte und dabei in äußerst brutaler Art und Weise vorging. Die überfallenen Angestellten/Kunden wurden misshandelt, gefesselt bzw. geknebelt und beraubt. Durch die massiven Gewaltanwendungen wurden die Opfer teilweise verletzt bzw. erlitten großteils einen schweren Schock. Einige Angestellte müssen zurzeit noch immer psychologisch betreut werden und können ihren Beruf nicht ausüben.Im Zuge der umfangreichen Ermittlungen und Fahndungsmaßnahmen im In- und Ausland erlangten die Ermittler des Landeskriminalamtes Niederösterreich Hinweise und Erkenntnisse auf bzw. über eine litauische Tätergruppe, welche ausschließlich zur Begehung von Raubüberfällen aus Litauen anreiste und neben Österreich auch in Deutschland derartige Taten verübte. Die kriminelle Organisation dürfte sich vor der Begehung der Überfälle im tschechischen Grenzgebiet aufgehalten haben, weshalb sich die Fahndungen bzw. Erhebungen in diese Richtung konzentrierten.Im Zuge eines neuerlichen Grenzübertrittes durch einen Teil der Tätergruppe von Tschechien nach Österreich zwecks Verübung eines weiteren Lebensmittelmarkt-überfalles im März 2019 konnte schließlich ein Täterfahrzeug angehalten und ein Verdächtiger festgenommen werden. Aufgrund der dadurch gewonnenen weiteren Erkenntnisse und der äußerst aufwendigen Ermittlungen wurden in den Folgemonaten insgesamt 9 litauische Täter im Alter zwischen 28 und 37 Jahren ausgeforscht und auch teils im Ausland festgenommen. 5 Täter befinden sich in Österreich, 3 Täter in Deutschland in Haft. 1 Beschuldigter ist flüchtig. Ebenfalls konnten noch Teile der Tatkleidung, Maskierung und Bewaffnung vorgefunden und sichergestellt werden.Die nach Österreich ausgelieferten Täter wurden in der Folge durch Beamte des Landeskriminalamtes Niederösterreich, Ermittlungsbereich Raub, im Beisein von Dolmetschern vernommen. Dabei zeigten sie sich großteils geständig, nachstehende brutale Straftaten in wechselweisem Zusammenwirken verübt zu haben:1) Bewaffneter Raubüberfall auf Lebensmittelmarkt in Hollabrunn, NÖ, am 25. Jänner 2019, um 19.20 Uhr.4 Mitglieder der litauischen Tätergruppe reisten am 25. Jänner 2019 nach Österreich ein, wobei zwei Täter im Umfeld des Supermarktes Aufpasserdienste leisteten bzw. an den Vorbereitungshandlungen (Beschaffung von Raubutensilien und Bewaffnung etc.) beteiligt waren. Der brutale Überfall im Supermarkt selbst wurde von zwei weiteren, bewaffneten und teilmaskierten Täter verübt, welche am Hintereingang des Supermarktes nach Geschäftsschluss auf die drei weiblichen Angestellten warteten, bis diese den Supermarkt verließen. Durch Bedrohung mit den Faustfeuerwaffen drängten die Täter die Opfer zurück in das Objekt, wo sie sich auf den Boden legen bzw. knien mussten und mit Kabelbinder gefesselt wurden. Die Täter forderten die Angestellten auf, den Tresor im Büroraum zu öffnen, was jedoch durch den bereits aktivierten Alarm misslang. Einer der Täter versuchte deshalb den Tresor mit einem mitgebrachten Vorschlaghammer gewaltsam aufzuschlagen, wobei er den akustischen Alarm auslöste und somit sein Vorhaben abbrach. Währenddessen bedrohte der zweite Täter die Angestellten mit der Faustfeuerwaffe. Die Täter schlugen folglich die verglaste Noteingangstüre und eine weitere Nebeneingangstüre mit dem Vorschlaghammer ein, wobei sie eine Angestellte am Kopf verletzten. Danach flüchteten die Täter aus dem Objekt und in weiterer Folge mit den Mittätern zurück über die Grenze nach Tschechien bzw. nach Litauen.2) Bewaffneter Raubüberfall mit Geiselnahme auf Lebensmittelmarkt in Günselsdorf, Bezirk Baden, NÖ, am 16. Februar 2019, um 18.00 Uhr.5 litauische Täter reisten in diesem Fall mit zwei Tatfahrzeugen von Litauen über Tschechien nach Österreich ein. In Günselsdorf wurden 2 Täter für den unmittelbaren Raubüberfall im Supermarkt eingewiesen bzw. mit Details zur besagten Filiale informiert. An die unmittelbaren Täter wurden die Tatwaffen, Maskierung, ein Vorschlaghammer, sowie diverses Fesselungsmaterial und ein Rucksack zum Abtransport der Beute übergeben. Die weiteren 3 Litauer leisteten im Umfeld des Supermarktes Aufpasserdienste bzw. warteten mit den Fluchtfahr-zeugen an vorher vereinbarten Treffpunkten. Die beiden Haupttäter betraten kurz vor Geschäftsschluss den Lebensmittelmarkt und hielten sich zwischen den diversen Verkaufsregalen auf, wobei sie einen Einkaufswagen vor sich schoben, um einen Einkauf vorzutäuschen. Den Rucksack mit den diversen Tatutensilien trug ein Täter bei sich. Als die Täter annahmen, dass keine Kunden mehr im Geschäftslokal anwesend waren, drängten sie einen Angestellten vom Kassenbereich durch brutale Körpergewalt und Drohung mit den Faustfeuerwaffen in die Büroräumlichkeiten, wo noch drei weitere Angestellte und ein Kunde anwesend waren. Die Opfer wurden mit Kabelbinder und Klebebändern gefesselt. Auch sie wurden aufgefordert, den Tresor zu öffnen bzw. sich auf den Boden zu legen oder sich hinzuknien. Mit einem mitgebrachten Vorschlaghammer schlug einer der Täter ein versperrtes Fach im Tresor auf und verstaute die gesamten Banknoten daraus in seinem Rucksack. Durch Auslösung des Alarmes wurde die Polizeiinspektion Günselsdorf vom Überfall informiert. Kurz danach traf eine Streife am Tatort ein und konnte durch eine Glasscheibe das Überfallsszenario wahrnehmen. Dabei richtete einer der Täter sofort seine Faustfeuerwaffe in Richtung der Polizisten, weshalb es im Zuge einer Notwehrsituation auch zu einer Schussabgabe durch einen Polizisten kam. Dadurch wurde der Täter durch einen Geller am Oberarm getroffen und verletzt. Um die Situation nicht weiter eskalieren zu lassen und das Eintreffen weiterer bereits verständigter Patrouillen abzuwarten, zogen sich die Polizeibeamten zurück. Die Täter nahmen zwischenzeitlich eine Angestellte als Geisel bzw. als Schutz-schild, indem sie dieser die Waffe gegen den Kopf bzw. Schläfe drückten und mit ihr durch den Hintereingang das Objekt verließen. Dort forderten sie die beiden Polizisten durch Gesten und durch das entschlossene Richten der Waffen gegen das Opfer auf, sich weiter zurückzuziehen. Danach versuchten die Täter mit dem abgestellten Polizeifahrzeug bzw. einem Fahrzeug eines Kunden zu flüchten. Dies misslang jedoch mangels angesteckten Fahrzeugschlüssels. Die Geisel nützte eine kurze Unachtsamkeit der Täter und lief in Richtung der Polizisten, weshalb die Täter genötigt waren, alleine in die Filiale zurück zu laufen. Während sich die Polizisten um die Geisel kümmerten, durchquerten die beiden Täter das Geschäftslokal, flüchteten durch die Haupteingangstüre aus der Filiale und kletterten über eine Zaun in benachbarte Grundstücke. Eine Alarmfahndung verlief negativ, die Täter konnten mit einer Beute in Höhe eines niedrigen 5-stelligen Eurobetrages nach Litauen flüchten.3) Raubüberfall auf Juwelier in Kempten/Deutschland am 20. Februar 2019.Von 3 Mitgliedern der litauischen Tätergruppe wurde am 20. Februar 2019 ein bewaffneter Überfall auf einen Juwelier in Kempten/Deutschland verübt, wobei die Täter bewaffnet das Geschäftslokal betraten, die anwesende Angestellte mit der Faustfeuerwaffe bedrohten und brutal zu Boden drückten. Danach schlugen sie mit einem Vorschlaghammer die Verkaufsvitrinen ein und erbeuteten hochpreisige Uhren im 6-stelligen Eurobereich. Noch auf der Flucht konnten 3 unmittelbare Täter festgenommen werden. Im Zuge der internationalen Zusammenarbeit mit den Kriminalisten aus Deutschland bzw. durch die weiteren Ermittlungen bzw. Einvernahmen der Täter durch Bedienstete des Landeskriminalamt Niederösterreich, Ermittlungsbereich Raub, in Deutschland wurde festgestellt, dass 2 der Festgenommen auch unmittelbare Täter bei dem Raubüberfall im Lebensmittelmarkt im Jänner 2019 in Hollabrunn (Faktum 1) waren.4) Versuchter bewaffneter Raubüberfall auf Lebensmittelmarkt in Hollabrunn, NÖ, am 8. März 2019.4 Mitglieder der Tätergruppe reisten am 8. März 2019 nach Österreich ein, wobei sie bereits diverse Tatutensilien (Waffen, Fesselungsmaterial, Vorschlaghammer etc.) versteckt im Fahrzeug bei sich führten, um kurz vor Geschäftsschluss einen Lebensmittelmarkt in Hollabrunn zu überfallen. Da sie jedoch bei einer zufälligen Polizeikontrolle angehalten wurden und ein Mitglied der Tätergruppe wegen eines bestehenden Haftbefehles festgenommen wurde, brachen sie ihr Vorhaben ab und kehrten nach Tschechien zurück.5) Versuchter bewaffneter Raubüberfall auf Lebensmittelmarkt in Hollabrunn, NÖ, am 9. März 2019.Bereits am Folgetag kehrten 3 litauische Bandenmitglieder nach Hollabrunn zurück, um denselben Lebensmittelmarkt wie Faktum 4 zu überfallen. Sie hielten sich auch kurz vor Kassaschluss im Lebensmittelmarkt auf und täuschten einen Einkaufsvorgang vor, wobei sie bereits die Tatwaffen, Fesselungsmaterial und dergleichen bei sich führten. Sie vollendeten den Raubüberfall jedoch nicht, da zu viele Kunden im Markt aufhältig waren und ihnen die ‚Gesamtsituation‘ verdächtig vorkam. Ohne Raubbeute kehrten sie folglich nach Tschechien/Litauen zurück.Da aufgrund der Ermittlungstätigkeiten der Bediensteten des Landeskriminalamtes Niederösterreich, Ermittlungsbereich Raub, die gesamte 9-köpfige litauische Tätergruppe inklusive ‚Organisatoren/Planer der Überfälle‘ ausgeforscht und letztlich auch 8 Täter in den Folgemonaten festgenommen wurden, konnten mit großer Wahrscheinlichkeit weitere Überfälle/Folgetaten verhindert werden.Die Täter hielten sich teilweise bereits Stunden vor den Überfällen in Tatortnähe auf, um das Objekt und geeignete Fluchtmöglichkeiten auszukundschaften. Als Motiv führten die Beschuldigten ständige ‚Geldschwierigkeiten‘ an und finanzierten sich mit den Überfällen ihren Lebensunterhalt. Einige der Täter sind bereits in verschiedenen Ländern wegen ähnlichen Gewaltdelikten einschlägig vorbestraft. Gegen die Genannten wurden bei der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt wegen des Verdachtes des mehrfachen Raubüberfalles internationale Haftbefehle erwirkt. 5 Beschuldigte befinden sich zurzeit in Österreich in Haft. 3 weitere Beschuldigte sind in Deutschland in Auslieferungshaft und werden demnächst nach Österreich überstellt.Ein Beschuldigter ist derzeit noch flüchtig, nach ihm wird mit internationalem Haftbefehl gefahndet.Die umfangreichen und intensiven Ermittlungen dauern zurzeit noch an, die Tätergruppe wird zu weiteren, ähnlich gelagerten Fällen im In- und Ausland überprüft.GenMjr Franz Popp BA MA, bedankte sich bei den Ermittlern für ihre hervorragende Arbeit, wodurch es gelungen ist eine litauische Tätergruppe auszuforschen und festzunehmen. „Durch die ausdauernden Ermittlungen und die gute internationale Zusammenarbeit ist es gelungen diese Tätergruppe festzunehmen und Niederösterreich wieder ein Stück sicherer zu machen.“, so PoppDer Leiter des Landeskriminalamtes Niederösterreich, Brigadier Omar Haijawi-Pirchner BA MA, betonte: „Nur durch die akribische und intensive Ermittlungsarbeit der Raubgruppe, in enger Zusammenarbeit mit der Tatortgruppe des Landeskriminalamtes NÖ, den Kolleginnen und Kollegen in den Bezirken, den deutschen Ermittlungsbehörden und der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt war es möglich, diese professionelle Tätergruppe auszuforschen und festzunehmen.“Nur durch Geduld, entsprechenden Ressourcen und Logistik, sowie enge Zusammenarbeit mit den örtlichen Polizeidienststellen, Staatsanwaltschaften und internationale Ermittlungsbehörden kann es gelingen, derartige Tätergruppen auszuforschen und festzunehmen, erläuterte der Leiter des Ermittlungsbereiche Raub im Landeskriminalamt NÖ, ChefInsp Josef Deutsch. „Diese Tätergruppe zeichnete sich durch ihre professionelle und äußerst brutale Vorgehensweise, die noch immer persönliche Auswirkung auf die Opfer hat, aus,“ so Deutsch.Autor: Johann Baumschlager

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